Autor:
Manfred Tschaikner
Brauchtum, Volksreligiosität und magisches Denken
Im Folgenden werden schlaglichtartig einige Aspekte des Alltagslebens vorgestellt, die Aufschluss über die Mentalität der Dornbirner im behandelten Zeitraum geben.
Beginnen wir mit dem zeitlich ersten Brauch im Kirchenjahr: Geschenke wurden nicht am Heiligen Abend, sondern am Nikolausabend verteilt. In diesem Rahmen ging es aber nicht immer beschaulich her. Es kam regelmäßig zu unfugen mit verklaidung der burger, nächtlichen tumulten, erschrecken der kinder. Aufgrund etlicher Raufereien ist auch überliefert, dass um die Jahreswende die so genandte laible nacht oder ordinari laible nacht gefeiert wurde. Dabei dürfte es sich um einen Heischebrauch im Rahmen der so genannten Rauh- oder Gebnächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag gehandelt haben. Weniger archaisch wirkt die Aufstellung eines weihnachtlichen kripelin in der Kirche. Sie lässt sich in Dornbirn 1721 das erste Mal nachweisen.
Einen Brauch, der an keine bestimmten Termine im Jahr gebunden war, bildete das "Landsredling", das in den Akten zwischen 1704 und 1769 belegt ist. Dabei handelte es sich um einen Notfeuerbrauch, welcher der Verhinderung oder Bekämpfung von Viehkrankheiten diente. Dabei wurde zunächst in eingezäunten Viehtriften oder in Hohlwegen mühsam ein Feuer entfacht, woher das Bestimmungswort "Not-" herrühren soll. Anschließend trieb man die Tiere, die nicht ausbrechen konnten, zumeist dreimal mit Gewalt durchs Feuer, um sie dadurch von Krankheiten zu reinigen bzw. gegen diese gefeit zu machen. Sowohl Feuer als auch Glut und Asche galten in verschiedener Weise als heilkräftig.
Ein weiterer Brauch, den das Gericht finanzierte, war das so genannte freüdt schießen. Damit feierte man verschiedene Anlässe lautstark. Geschossen wurde zumeist auch bei den Fronleichnamsprozessionen.
Bei den Verehelichungen bestand der Brauch, dass Jugendliche den brautwagen anhielten, wobei die Hochzeiter einiges über sich ergehen lassen mussten. Zumeist hatten sie Getränke zu spendieren oder sonst eine Gebühr zu entrichten. Die Feier im Anschluss daran nannte man braudtwagen auf hebungs zerig; manchmal heißt es auch, man habe den Brautwagenwein "vertrunken". Übernahm ein Sohn oder Schwiegersohn den Besitz, hatte er die Mutter oder Schwiegermutter ordentlich "auszusteuern", das heißt ihre Versorgung zu garantieren. Dabei mussten die dazu erforderlichen Sachgüter traditionsgemäß in einer "Aussteuertruhe" ausgehändigt werden.
Einen wichtigen Teil der religiösen Volkskultur bildeten Kreuzgänge über die Gerichtsgrenzen hinaus, womit auch der Schutz benachbarter Kirchenpatrone erlangt werden sollte. In diesem Sinn pilgerten die Bewohner von Ems gemäß einem Gelübde von 1588/89 am Tag des hl. Sebastians, des Pestpatrons, ins Oberdorf.
Im Zusammenhang mit Hagel und Gewittern zählte das Wetterläuten zu einer der wichtigsten Aufgaben der Mesner. Durch den Klang der geweihten Glocken sollten die bösen Mächte, die in den Wolken drohten, vertrieben werden. Deshalb läutete man vielerorts auch in der Nacht vom 30. April auf den ersten Mai, in der berüchtigten Walpurgisnacht. Nach altem Glauben fuhren an diesem ihrem Hauptfest die Hexen aus und verfügten dabei über die höchste Macht.
Großen Anklang fand in Dornbirn um die Mitte des 18. Jahrhunderts das Schatzgraben, das schnellen Reichtum versprach. Durch Bestrafungen konnte das Interesse am Schatzsuchen und die Vorstellung vom magisch erworbenen Reichtum nicht eliminiert werden.
Literatur:
TSCHAIKNER, Manfred: Dornbirn in der frühen Neuzeit. In: Werner Matt, Hanno Platzgummer (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dornbirn, Band 1, 2002.