Autor:
Manfred Tschaikner
Die Pest in der frühen Neuzeit
In der Frühen Neuzeit suchten Seuchen in unregelmäßigen Abständen die Menschen heim. In Dornbirn ist eine solche Epidemie „der Pest oder sterbenden Sucht“ für die Jahre 1585 und 1586 belegt. Da kurz danach das Erbrecht geändert wurde, lässt sich vermuten, dass es damals zu größeren Menschenverlusten gekommen war. 1607 herrschte in der Herrschaft Feldkirch neuerlich die sterbsucht. Sie soll damals auch in Hohenems 100 Tote gefordert haben. Vier Jahre später schleppte man die Seuche nach Bregenz ein, wo sie 27 Menschen das Leben kostete.
Schwer heimgesucht wurde Dornbirn gegen Ende der zwanziger Jahre. Nachdem am 22. Juli 1628 in Ebnit unter einer Menge herbeigepilgerter Wallfahrer die Pest ausgebrochen war, breitete sich diese rasch nach Ems, Dornbirn und Lustenau aus. Laut Einleitung des Rosenkranz-Bruderschaftsbuchs und laut einem Vermerk im Jahrzeitbuch forderte die Seuche in Dornbirn vom Rochustag (16. August) 1628 bis Maria Lichtmess (2. Februar) 1629 biß in die 820 Todesopfer. Darunter befand sich auch der Dornbirner Pfarrer Martin Schmid. Kurze Zeit später brach die Pest 1629 neuerlich aus, forderte aber nur mehr 40 Todesopfer.
In einem Stiftungsbrief von 1675 für einen Bildstock auf der Saubrach ist die Rede vom grossen sterbat, so ad 1628~1629 und 1630 in allen dreyen jahren gewärt hat. Dass die Seuche Dornbirn tatsächlich auch 1630 heimsuchte, geht aus einer Zeugenaussage hervor. Eine Frau aus Hohenems erklärte, sie habe im Frühling dieses Jahres bei einem Besuch in Dornbirn wegen der sterbleuffen nit offentlich wandlen dörffen. Sie hatte sich also über die Seuchensperre hinweggesetzt.
Zur Abwendung der Pest wurde nicht nur die Rosenkranz-Bruderschaft gelobt und auf maßgebliche Initiative des Emser Grafen schon im Mai 1629 eingeführt, sondern darüber hinaus beschlossen, am Sebastianstag (20. Januar) einen Bittgang nach Schwarzach zu unternehmen.
Lange Zeit erinnerte ein Bildstock an der Straße vom Markt ins Oberdorf an die Pestzeit. Diese fand auch ihren Niederschlag in der Sagenüberlieferung. Es heißt, die Seuche habe 1628 im Hatlerdorf die ganze Einwohnerschaft dahingerafft, und zwar bis auf ein altes Mütterchen und eine Geiß ohne Hörner, Hattel genannt. Von dieser leite sich der Ortsname „Hatlerdorf“ her. Kehlegg soll 1628/29 von der Pest verschont geblieben, dafür aber 1630 oder 1635 umso härter getroffen worden sein, sodass der Ort ebenfalls fast ausgestorben sei.
Siehe auch: Pest im Mittelalter
Literatur:
TSCHAIKNER, Manfred: Dornbirn in der frühen Neuzeit. In: Werner Matt, Hanno Platzgummer (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dornbirn, Band 1, 2002.