Autor:

Werner Matt

Bödelestraße - Notstandsprojekt 1914-1916

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam es zu großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, insbesondere die Arbeitslosigkeit stieg stark. Land und Gemeinden führten Notstandsprojekte zur Arbeitsbeschaffung durch. In Dornbirn waren dies die Achregulierung und der Bau des Fußenauerkanals (760.000 Kronen), der  Bau der Bödelestraße (240.000 K), der Bau der Turnhalle Markt mit Direktorwohnung (63.000 K), der Bau der Volksschule Markt (41.000 K), der Umbau der Volksschule Watzenegg (15.000 K) sowie der Bau des Knopfweges (70.000 K).
Der Bau der Bödelestraße, ein bereits schon länger geplantes Projekt, wurde ganz „wesentlich zur Erschließung des hervorragenden Wintersportplatzes“ Bödele unternommen. Bereits am 29. Dezember 1914 wurde für das erste Teilstück nach Watzenegg der Spatenstich durchgeführt. Nun tauchte der Gedanke auf, Kriegsgefangene beim Bau einzusetzen. Um jedoch den 250 beteiligten Einheimischen nicht die Arbeit wegzunehmen, wurde dies nicht weiter verfolgt. Da es sich um eine Beschäftigungsinitiative handelte, erhielten die Arbeiter nur etwa die Hälfte eines Fabrikarbeiterlohnes. Im August 1915 war dieser Abschnitt fertig gestellt und konnte dem Verkehr übergeben werden.

Bisher hatten der Staat und das Land die eine Hälfte sowie die Gemeinden Dornbirn und Schwarzenberg die andere Hälfte der Kosten übernommen. Doch nun wollte das Ministerium kein Geld mehr bezahlen. Um den Bau der Straße bis auf das Bödele fortsetzen zu können, wurde nun nur das Teilstück bis auf den Oberfallenberg in Angriff genommen. Zudem suchte der Dornbirner Stadtrat um die Zuweisung von einhundert russischen Kriegsgefangenen an. Die Kriegsgefangenen erhielten für einen zehnstündigen Arbeitstag bei voller Verpflegung nur 1,30 Kronen, die einheimischen Arbeiter hingegen zwischen zwei und drei Kronen. Der Einsatz der Russen senkte die Kosten des Projektes um die Hälfte. Allerdings war die öffentliche Hand nicht in der Lage, die notwendige Wäsche für die Kriegsgefangenen aufzubringen, und suchte per Gemeindeblatt nach privaten Spendern.

An diese Zeit erinnert eine Gedenktafel am Beginn der Bödelestraße, die Arbeit der Kriegsgefangenen wird nicht erwähnt.

Das noch fehlende Teilstück Fallenberg-Rickatschwende-Ammenegg wurde in den 20er Jahren mit finanzieller Unterstützung der Besitzer des „Alpenhotels Bödele“ in Angriff genommen. Auch in den 30er Jahren, während der Weltwirtschaftskrise, sollte der Ausbau der Bödelestraße wieder die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen helfen. Das Projekt scheiterte jedoch.

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Literatur:

Ingrid Böhler: Dornbirn 1914-1945. In: Werner Matt, Hanno Platzgummer (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dornbirn, Band 2, 2002, S. 165.

MATT Werner: Der Bau der Bödelestraße in Not- und Krisenzeiten 1914-1916. In: Stubat, Dezember 2008, Nr. 57, S. 7.

 

 

Der Gedenkstein am Beginn der Bödelestraße (Aufn. 2014), StAD

Bau der Bödelestraße, Jänner 1915 Orig. Dieter Leuze/Reproduktion Stadtarchiv Dornbirn, Sign. 12733 Fotografiert von Theodor Rhomberg

Russische Kriegsgefangene beim Bau der Bödelestraße W. Wallner/Reproduktion Stadtarchiv Dornbirn, sign. 34132