Autor:

Ingrid Böhler

Die Dornbirner Standschützen

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war das Kronland Tirol-Vorarlberg durch den rücksichtslosen Einsatz seiner Truppenverbände auf dem Balkan und in Galizien von regulären Einheiten entblößt, gleichzeitig wuchs aber an der südlichen Grenze die Gefahr einer dritten Front. Fünf Tage vor dem 23. Mai 1915, an dem Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklärte, wurde daher das letzte Aufgebot, wie es die Betroffenen auch selbst empfanden, einberufen: die Standschützen. Es handelte sich dabei um Mitglieder von Schießständen, die der damals verbreiteten Freizeitbeschäftigung des Scheibenschießens frönten. 1913 war das Schützenwesen zur landsturmpflichtigen Körperschaft erklärt worden und somit zu Wehrzwecken heranziehbar. Folgerichtig erging bald nach Kriegsbeginn ein Verbot, aus den Schießständen auszutreten. Gleichzeitig sollte die Werbung neuer Schützen deren Verteidigungspotential zusätzlich vergrößern. Anfang 1915 erfolgte dann die Formierung eines Standschützenbataillons im Gerichtsbezirk Dornbirn, das sich aus den Kompanien Dornbirn, Lustenau, Hohenems und Höchst-Fußach zusammensetzte.
Unter großer Anteilnahme verabschiedete eine dicht gedrängte ZuschauerInnenmenge am Tag der italienischen Kriegserklärung dieses Bataillon – der Greis mit sechzig Jahren stand neben seinem blutjungen siebzehnjährigen Enkel und der angegraute Vater neben seinem Sohn – am Dornbirner Bahnhof. Der Krieg gegen Italien war populär, ging es doch darum, den Treuebruch der welschen Verräter zu ahnden und vor allem dessen Gebietsforderungen zu vereiteln. Sogar die ansonsten in patriotischer Hinsicht sehr zurückhaltende „Vorarlberger Wacht" forderte die Standschützen auf, aus ihren guten Flinten den Italienern [...] ihre eisernen Grüße zu senden. 245 der insgesamt 630 Standschützen des Bataillons, die zum Stellungskampf in die Dolomiten aufbrachen, waren in der Stadt ansässig.
Besonders viele Dornbirner Soldaten verloren zwischen 1914 und 1916 ihr Leben, in den ersten beiden Kriegsjahren vor allem bei den verheerenden Schlachten in Russland und Galizien, ab 1916 kam das Gros der zu beklagenden Toten bei den Kämpfen an der Tiroler Gebirgsfront um.

zurück

Auszug der Standschützen zum Bahnhof Dornbirn, 1915 Copyright StAD; Album EBDL

Literatur:

Ingrid Böhler: Dornbirn 1914-1945. In: Werner Matt, Hanno Platzgummer (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dornbirn, Band 2, 2002, S. 165.