Autor:

Werner Matt

Familie Turteltaub

1930 kam Edmund Turteltaub als Kaufmann nach Dornbirn. Er errichtete eine Zweigniederlassung des Familienbetriebes "Warenkredithaus Fortuna" in der Marktstraße 39, übersiedelte aber noch im selben Jahr ins Hatlerdorf. Er hatte an den Technischen Hochschulen in Wien und München studiert und schloss 1922 als Diplomingenieur der Chemie ab.  Anfang 1931 heiratete Edmund Turteltaub in Innsbruck Gertrude Popper aus Lundenburg in der CSR. Vor der Hochzeit mietete er sich im Hatlerdorf, Birngasse 12, ein; nach der Geburt des ersten Sohnes Hans 1932 übersiedelte die Familie mit dem Geschäft in die Lustenauerstraße 3. Dort kam 1935 auch der zweite Sohn, Walter, auf die Welt.

Mit dem "Anschluß" im März 1938 änderten sich für die Familie Turteltaub wie für alle Juden Österreichs schlagartig die Lebensumstände. Die Turteltaubs "waren gleich nach dem 'Anschluß' Zielscheibe für nationalsozialistische Rowdys, die rund um das Haus, das sie in Dornbirn bewohnten, nächtens Krach schlugen." Der Sohn der Vermieterin, Bruno Walter, erinnerte sich, daß schon am 11. März 1938 Hatler Nazis vor das Haus zogen und "Henkt die Schwarzen, henkt die Juden" riefen.

Am 7. März 1939 musste die ganze Familie nach Wien übersiedeln.  Der spätere legendäre Dornbirner Stadtpolizist Bruno Walter besuchte die Familie Turteltaub im Juni 1939 in Wien. In einem Brief an Rosa Walter teilte Edmund Turteltaub mit, er habe in Uruguay eine Anstellung bekommen, die Einschiffung in Genua war für den 2. September 1939 geplant. Im Juli 1939 reiste die Familie von Wien nach Mailand, wo die meisten jüdischen Flüchtlinge Italiens lebten. Nach mehreren Lageraufenthalten in Italien wurde die Familie Turteltaub mit dem "Transport" vom 26. Juni 1944 nach Auschwitz verschleppt. Der Zug mit rund 1000 Männern, Frauen und Kindern kam am 30. Juni dort an. Das "Kalendarium der Ereignisse im KZ Auschwitz-Birkenau" vermerkt lapidar: "Nach der Selektion werden 180 Männer, die die Nummern A-15677 bis A-15856 erhalten, und 51 Frauen, die die Nummern A-8457 bis A-8507 erhalten, als Häftlinge ins Lager eingewiesen. Alle übrigen Menschen, unter ihnen 582 Männer, werden in den Gaskammern getötet." Unter diesen waren die beiden Dornbirner Kinder Hans und Walter Turteltaub, 13 und 9 Jahre alt. Auch Edmund und Gertrude Turteltaub erlebten die Befreiung des KZ Auschwitz durch sowjetische Truppen am 27. Jänner 1945 nicht mehr.

Die Namen der Familie Turteltaub sind inzwischen auf dem Gedenkstein für die Opfer der NS-Diktatur nthalten. Ebenso wurde eine Straße nach der Familie benannt.

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Literatur:

ACHRAINER Martin/HOFINGER Niko: Familie Turteltaub, Lustenauerstraße 3. In: Dornbirner Schriften 22 (1996), S. 133-148.

Link:

Familie Turteltaub - eine virtuelle Ausstellung